Nur echte Könner sind hier am Werk
WissenwertesSkialpin
Einleitung
Für Sebastian Mader, Juniorchef von SPORT Nenner in Hintertux, fängt das Skiservice mit einer ausführlichen Beratung an und endet mit einem breiten Lächeln im Gesicht des Kunden. Warum man über das Thema Kanten-schleifen ganze Bücher schreiben könnte, was es damit auf sich hat, dass Verleihski bis zu 60 Mal pro Saison geschliffen werden und noch einiges mehr verrät uns Sebastian im Interview.
SPORT 2000: Wie weißt du, was sich der Kunde wünscht oder erwartet?
Sebastian: Die wenigsten Kunden sind in der Lage zu sehen, welche Arbeiten am Ski nötig oder sinnvoll sind. Daher liegt es an uns den Bedarf zu ermitteln und im ersten Schritt den Ski genau unter die Lupe zu nehmen. Im Anschluss beraten wir den Kunden und erklären, welche Arbeiten wichtig sind und was sich dadurch für ihn beim Skifahren verändert. Meist gibt es mehrere Optionen und der Kunde kann entscheiden, ob nur das Nötigste oder alles Sinnvolle gemacht werden soll. Je nachdem, wie sein Anspruch ist. Ist das geklärt, wird der Ski serviciert – entweder sofort oder häufig auch über Nacht.
SPORT 2000: Wie sieht der Ablauf eines optimalen Skiservices aus?
Sebastian: Ein gutes Skiservice hat grundsätzlich immer unter der Prämisse zu erfolgen, das optimale Ergebnis bei möglichst geringem Materialabtrag zu erzielen. Ist der Ski fertig präpariert, präsentieren wir dem Kunden das Ergebnis, indem einzelne Arbeitsschritte nochmals erläutert werden. Das ist der Zeitpunkt für den Kunden zur Qualitätskontrolle. Sollten noch Wünsche offen sein, reagieren wir sofort und bessern gegebenenfalls nach – was aber in den allerseltensten Fällen notwendig ist. Das tatsächliche Resultat des optimalen Skiservice merkt man aber erst auf der Piste: Wenn der Ski besser funktioniert als zuvor und der Unterschied eindeutig spürbar ist. Hat der Kunde dann noch ein breites Lächeln im Gesicht, wenn er über die Pisten brettert, dann haben wir unseren Job richtig gemacht. Nichts weniger ist unser Anspruch.
SPORT 2000: Warum ist Service so wichtig?
Sebastian: Ein sorgfältig und regelmäßig durchgeführtes Skiservice macht nicht nur das Skifahren zu einem größeren Vergnügen, es gehört auch zur Pflege des Materials und erhöht die Sicherheit. Paradoxerweise verlängert ein Skiservice die Lebensdauer, obwohl man mit jeder Anwendung einen Materialabtrag hat. Dieser fällt aber umso geringer aus, je besser gepflegt das Material ist. Und je besser man etwas pflegt, umso länger hält es. Angst vor zu viel Materialabtrag braucht man dabei nicht haben. Unsere Verleihski sind da ein gutes Beispiel. Sie werden nach jedem Verleihvorgang geschliffen, oftmals bis zu 60-mal pro Saison. Das ist nur möglich, weil wir regelmäßig servicieren und mit professionellen Servicegeräten arbeiten, die mit unglaublicher Präzision und Gleichmäßigkeit die Abtragsmenge optimieren.
SPORT 2000: Neben der Pflege geht es auch um den Spaßfaktor beim Fahren, oder?
Sebastian: Ja, genau, ein Skiservice entscheidet darüber, wie der Ski funktioniert. Es gibt mehrere Parameter wie Struktur, Kantenwinkel oder die Wahl des Wachses, die das Fahrverhalten beeinflussen und die ein Skiservice optimiert. Will man Spaß auf der Piste haben, bietet ein servicierter Ski die besten Voraussetzungen. Dann kann es maximal noch am Fahrer liegen, wenn der Skitag mal nicht so spaßig verläuft.
SPORT 2000: Und wie sieht es in punkto Sicherheit aus? Welchen Einfluss hat hier das Skiservice?
Sebastian: Das ist ein immens wichtiges Thema. Sicherheit hat im Wintersport immer mehr an Relevanz gewonnen. Ein top-gepflegter Ski ist ein Sicherheitsaspekt und als solcher unbedingt zu betrachten. Man fährt ja auch kein Auto, bei dem man nicht genau weiß, ob die Bremse noch anständig funktioniert. Ein servicierter und gewarteter Ski ist daher die Grundvoraussetzung für sicheres Skifahren auf den Pisten.
SPORT 2000: Kommen wir zum Thema Kantentuning, was ist dabei zu beachten?
Über das Thema Kante ließen sich ganze Bücher schreiben. Ich versuche mal ein paar wichtige Infos herauszunehmen: Als Sportfachhändler können wir im Kantentuning so ziemlich alle Wünsche erfüllen. Für die meisten Skifahrer ist jedoch ein lang erprobtes und ausgeglichenes Setting das Beste. Das heißt konkret, dass die Kante weder zu spitz (und damit aggressiv und weniger lang haltbar), noch zu wenig spitz (und damit zwar lange haltbar, aber schwerfällig) sein darf. Unser Standard-Setup sieht einen Gesamtwinkel von 88,5° vor. An dem halben Grad merkt man schon, dass es hier um chirurgische Präzision geht.
Um etwas detaillierter zu werden: Wichtig ist, dass die belagseitige Kante (also wenn ich direkt auf den Belag schaue) immer abfällt –- das nennt man „hängend schleifen“. Wäre sie komplett Plan mit dem Belag, würde der Ski sofort „verreißen”, da der Ski gleich aufkanten würde.
Im Rennlauf wird die Kante auf den Athleten abgestimmt und ist oft sehr unterschiedlich. Der hängende Winkel beträgt im Slalom gerne 0,5°, während bei der Abfahrt beispielsweis häufig etwa 1° bevorzugt wird.
SPORT 2000: Kannst du uns den Steinschliff erklären, wie funktioniert der?
Sebastian: Es gibt zwei unterschiedliche Schleifmethoden: den Schliff mit einem Stein und den mit Schleifband. Was nach nicht viel Unterschied klingt, hat es aber definitiv in sich: Ein Diamant fräst in regelmäßigen Abständen im Mikrometerbereich den Schleifstein. Dadurch kann man nicht nur unterschiedlichste Strukturen in den Ski schleifen, das Ergebnis sucht an Präzision und Gleichmäßigkeit auch vergeblich seinesgleichen. Aus technischer Sicht schneidet ein Stein in den Belag und ein Band reißt das Material heraus. Für einen perfekt planen und auch glatten Ski benötigt man einen Stein – das ist mit dem Band in der Qualität einfach nicht zu bewerkstelligen.
Für Skiservice-Koryphäe Markus Orgler von SPORT Nenner zeichnet sich ein Profi im Skiservice so aus: „Er muss Präzision sehr lieben. Braucht Kraft und Ausdauer, denn bei uns kommen ca. 50.000 Paar Ski pro Jahr zum Service. Ein ausgeprägtes Feingefühl ist wichtig, um das Material perfekt zu präparieren. Und nicht zu vergessen ist die Erfahrung, denn jeder Ski ist anders und jeder Kunde hat andere Anforderungen an das Material.”